Erfolgsgeschichten

Ohne Migration ist unsere Welt in ihrer heutigen Form nicht denkbar. Immer wieder in der Geschichte der Menschheit haben sich Menschen, Gruppen oder gar ganze Völker auf den Weg gemacht, um neuen Lebensraum zu erschließen, und brachten dabei ihre Kultur, ihr Wissen und Denken, ihre sozialen Errungenschaften, in andere Welten.


In der heutigen Diskussion haftet dem Begriff etwas Negatives an, rechtspopulistische Ideologen kreierten das Paradox von der „irregulären Migration“, eine sprachlich als auch evolutionär gänzlich sinnfreie Phrase, die aber Millionen Menschen weltweit in Misskredit bringt. Menschen, die aufgrund von politischer oder religiöser Verfolgung und Krieg, wegen Naturkatastrophen oder Armut, ihre Heimat verlassen und zu Migranten werden.


Geflüchtete suchen Schutz und neue Perspektiven, Frieden und Hoffnung in einer besseren Welt. Betrachtet man die heutige politische und gesellschaftliche Situation, ist es zweifelhaft, ob diese Hoffnungen überhaupt in Erfüllung gehen können.


Obwohl wir den Gedanken an die „Erfolgsgeschichten“ schon seit längerem mit uns herum tragen, halten wir die Zeit jetzt für besonders geeignet, um von Menschen zu berichten, die den Sprung in eine neue Gesellschaft geschafft haben.


Wir werden an dieser Stelle in unregelmäßigen Abständen Geschichten präsentieren von Menschen, die uns ihre Fluchtgeschichte erzählen, wie sie sich in unserer Gesellschaft zurecht gefunden und sie sich eine Lebensgrundlage geschaffen haben und was sie anderen in vergleichbaren Situationen mit auf den Weg geben können.


Die Veröffentlichungen werden in unseren Instagram Posts und unserem Newsletter angekündigt bzw. besprochen.


Erfolgsgeschichte Iman K.

Als Iman K. 10 Jahre alt war, begann in Syrien der Bürgerkrieg. In ihrem Wohnviertel in Damaskus
erlebte sie Explosionen, Belagerung, Stromausfälle, oft waren die Menschen ohne Wasser und
Brot. Im Jahr 2015 entschied sich der Familienrat dafür, dass wenigstens einige der
Familienmitglieder das Land verlassen sollten. Iman gehörte auch dazu, gemeinsam mit ihrer
Tante und vier weiteren Verwandten trat sie die Flucht an.


Der Weg führte sie zu Fuß in die Türkei, von dort nach Griechenland über das Meer in einem
Schlauchboot. Von Griechenland ging es weiter nach Deutschland, zu Fuß, im Bus, im Zug. Nach
mehreren Zwischenstationen kamen sie am 01.10.2015 in ein Flüchtlingsheim nach Langenfeld.
Im Heim teilte man sich zu sechst ein Zimmer


Iman besuchte eine DaZ-Klasse zum Erlernen der deutschen Sprache und erreichte den
Hauptschulabschluss. Danach ging sie auf ein Berufskolleg, machte den Realschulabschluss und
schließlich 2022 den Fachhochschulabschluss. Nebenbei arbeitete sie in einem Restaurant und in
einem Lebensmittelladen. Heute studiert sie Sozialarbeit in einem dualen Studium, den
praktischen Teil absolviert sie bei der AWO in Langenfeld. Sie engagiert sich im Verein
Flüchtlingshilfe.Langenfeld e.V. und ist dort im Lenkungskreis.


Für Iman ist wichtig, mutig und ausdauernd zu sein. Integration ist ein langer Weg und man muss
viele Dinge einfach wegstecken. Iman hat daran geglaubt, es zu schaffen und sich immer wieder
neu motiviert. Die Verwaltung erschien ihr wie ein Dschungel, hier hätte sie wohl ohne Hilfe nicht
bestehen können. Ihr Antrag auf Familienzusammenführung scheiterte, weil sie gerade an dem
Tag, als die Eltern schon in der Botschaft in Beirut waren, um die Visa abzuholen, 18 Jahre alt
wurde und der Zusammenführungsprozess jäh gestoppt wurde. Dieses Behördenverhalten war für
sie lange unverständlich und hat sie zeitweise verzweifeln lassen. Die Trennung von der Familie,
die sie erst nach sieben Jahren wieder sehen konnte, musste sie wegstecken und sich wieder auf
ihren Weg konzentrieren.


Sie hat inzwischen eine Niederlassungserlaubnis bekommen und möchte sich bald einbürgern
lassen. Sie ist in Deutschland heimisch geworden, lebt jetzt in Monheim. Sie geht gerne nach
Düsseldorf, ihre Lieblingsstadt. Düsseldorf erinnere an Damaskus, hat sie in einem kleinen Essay
über ihre Flucht geschrieben.

 

Ein Anfang in Deutschland – das Ende einer Flucht von Iman K.
Am 15.03.2011 war ich 10 Jahre alt und hatte eine schöne und unschuldige Kindheit erlebt. An
diesem Tag endete meine Kindheit viel zu früh. An diesem Tag begann die Tragödie unseres
Landes und der syrischen Menschen.


Von da an herrschte Krieg in unserem Land. Ich erlebte Explosionen, Raketen, Kanonen,
Belagerung, Stromausfälle, kein Wasser und kein Brot. Unsere Lebensgrundlage wurde uns
entzogen.


Dann öffnete Europa seine Tore. Meine Eltern entschieden sich mit mir dafür, dass ich allein mit
meiner Tante und einigen anderen Verwandten den Weg in Richtung Freiheit und Frieden
antreten sollte, fort aus einem Land, das wir nicht mehr verstanden.


Wir sind von Syrien aus zu Fuß in die Türkei gegangen, von der Türkei nach Griechenland, in
einem Schlauchboot. Obwohl ich nicht schwimmen konnte, war die Angst davor nicht größer als
in unserem Land zu bleiben. Von Griechenland ging es weiter nach Deutschland, zu Fuß, im Bus,im Zug. In Ungarn wurden wir fünf Tage lang eingesperrt, eine der Tragödien, die wir auf dem
Weg erlebten.


Am 08.09.2015 kamen wir in Deutschland an, in München. Dann wurden wir nach Dortmund
gebracht, dann nach Hamm und von da nach Langenfeld. Am 01.10.2015 kamen wir dort an, in
einem Flüchtlingsheim. Dort blieben wir zwei Jahre.


Am 02.10 2015 kamen Frank und Sabine zu uns, von einer Flüchtlingshilfegruppe. Sie gaben mir
ein Gefühl von Stärke und Sicherheit. Heute sind wir Freunde und ich helfe selbst in der
Flüchtlingshilfegruppe.


Das Leben im Heim war schwierig, viele Menschen teilten sich wenig Raum. Wir waren mit sechs
Personen in einem Zimmer, meine Tante, ein Onkel und drei Cousins. Wir sind alle noch in
Deutschland, ich lebe mit meiner Tante zusammen, die mir Mutter und Vater und Geschwister
ersetzt hat.


Als erstes habe ich in Deutschland damit angefangen, Deutsch zu lernen. Ich ging in eine Schule,
wo ich es lernen konnte. Ich zeichne gerne, ich habe einen Zeichenkurs besucht und einige Bilder
gemalt. Dann wollte ich unbedingt schwimmen lernen, Sabine hat es mir beigebracht.
Nach zwei Jahren Schule in der DaZ-Klasse konnte ich schon gut Deutsch, ich konnte auf dem
Gymnasium bleiben, wo die Deutschklasse war und habe den Hauptschulabschluss gemacht.
Danach ging ich auf ein Berufskolleg und machte den Realschulabschluss. 2022 habe ich den
Fachhochschulabschluss gemacht. Nebenbei habe ich in einem Restaurant gearbeitet und in einem
Lebensmittelladen. Heute studiere ich Sozialarbeit in einem dualen Studium.


In der ersten Zeit hatte ich Angst, ich war 14 Jahre alt und ohne Eltern. Ich konnte nicht sprechen
mit den Menschen hier, es war eine andere Kultur, andere Bräuche und Verhaltensweisen. Aber
wir haben einige gute und freundliche Leute getroffen, die uns geholfen haben.


Ich wurde stärker und sicherer, das Gefühl von Sorge und Angst habe ich nicht mehr. Ich bin nach
Berlin gereist und nach Stuttgart, auch in die Schweiz, habe dort Verwandte besucht. Aber die
beste Stadt ist Düsseldorf. Wenn ich an den Rhein gehe, stehe ich da, atme die Luft und schaue in
die Ferne. Die engen Straßen der Altstadt erinnern mich an Damaskus. Die Steinplatten auf den
Wegen fühlen sich an wie Heimat. Aber ich weiß, es ist nicht Heimat, vielleicht wird es das mal.
Heimat ist da, wo man die Zeit anhalten möchte, aber so weit ist es noch nicht.
Die Zeit läuft für mich.


Erfolgsgeschichte Sara P.

Sara bezeichnet ihre Flucht aus dem Iran als wenig dramatisch. Sie war 26 Jahre alt, als sie im
Jahr 2013 mit ihrer Mutter die Flucht antrat. Über Frankreich erreichten sie im August desselben
Jahres Deutschland. Hier wurde ihr Asylantrag zunächst abgewiesen und man wollte sie nach
Frankreich zurückschicken. Dagegen haben sie geklagt.


Es begann eine lange Zeit des Wartens, wöchentliches Melden in Mettmann, die Anerkennung
kam, aber der Brief ging verloren, erst zwei Monate später, Ende 2014, erfuhren sie endlich von
ihrer Aufenthaltserlaubnis.


Sara hat im Iran Betriebswirtschaft studiert und einen Bachelor erworben. Sie sagt, ihr Leben im
Iran sei gut gewesen, bis ihr Vater ins Visier staatlicher Verfolgung geriet.


Sara machte in Deutschland einige Gelegenheitsjobs und bekam dann die Möglichkeit, sich zum
Übersetzer ausbilden zu lassen. Heute arbeitet sie als selbständige Integrationshelferin.


Angekommen ist sie hier mit wenig Kleidung in einem kleinen Rucksack als Reisegepäck. Für den
ersten Winter war sie nicht ausreichend gekleidet, sie erinnert sich noch gut an die Kälte. Die Zeit
der Duldung mit den ständigen Meldeauflagen war sehr anstrengend, sie fühlte sich von
Ausländerbehörde und Sozialamt schlecht behandelt.


Heute, als etablierte Integrationshelferin, ist sie für beide Institutionen tätig. Für Sara sind das
prägende Erfahrungen. Man darf sich auf dem Weg zur Integration und gesellschaftlichen
Anerkennung nicht irritieren lassen, man braucht ein dickes Fell.


Die Anerkennung, die sie heute erfährt, ergibt sich über ihren Beruf, Arbeit ist also ein, vielleicht
sogar der entscheidende Schlüssel zur Integration. Obwohl ihr eigentliches Kapital, ihr Studium, im
Arbeitsmarkt keine Wirkung entwickelte, konnte sie ihre Fähigkeiten für einen Neuanfang nutzen.


Sie weiß, die Hürden sind hoch. Heute kann Sara anderen Flüchtlingen dabei helfen, einigen
Widerständen besser zu begegnen, indem sie ihre Erfahrungen und Kenntnisse weitergibt. Ein
weiterer, wichtiger Rat von Sara: Dinge einfach mal versuchen, etwas wagen und Vertrauen zu
sich selbst haben.


Erfolgsgeschichte Ahmad B. S.

Ahmad ist pakistanischer Herkunft und kam im Jahr 2019 als Asylbewerber nach
Deutschland. Er wurde in Pakistan wegen seiner Zugehörigkeit zu einer religiösen
Minderheit verfolgt und diskriminiert. Eine Anerkennung als Flüchtling bekam er zwar erst nach drei Jahren, aber dann begann sein Einstieg in die deutsche Gesellschaft umso intensiver.

An der Universität in Lahore hatte er Elektroingenieurwesen studiert. Er bekam eine
Anstellung in einem Unternehmen für Wasserkraft und spezialisierte sich auf
erneuerbare Energien. Im Jahr 2019 entschied er sich zur Flucht, da seine
Lebensumstände zunehmend schwieriger wurden.

Nach seiner Ankunft in Deutschland begann er umgehend, die deutsche Sprache zu
lernen. An der VHS Langenfeld erwarb er bereits im Jahr 2022 das B2-Deutschzertifikat und er absolvierte den Kurs "Leben in Deutschland".

Durch die Vermittlung einer Flüchtlingshilfe-Organisation konnte er im Jahr 2022 eine Anstellung in einem Unternehmen für Solartechnik in Langenfeld finden, wo er sich mit Projektplanung beschäftigte.

Im Juni 2023 wechselte er als Projektleiter Photovoltaik in ein großes
Wohnungsbauunternehmen und ist dort für die Energieoptimierung in großen
Wohngebäuden verantwortlich.

Für seine erfolgreiche Integrationsgeschichte ist nach seiner Auffassung die Geduld ein wesentlicher Faktor. Man muss viele Rückschläge verkraften, Verwaltungshandeln ist oft unverständlich. Ohne fremde Hilfe ist das kaum zu schaffen.

Ahmad hatte allerdings auch eine gute Ausbildung und Berufserfahrung, er war für den Arbeitsmarkt eine wertvolle Kraft. Das konnte er für sich nutzen und so den wichtigen Einstieg in die Berufswelt schaffen.

Inzwischen hat er eine Familie gegründet und ist Vater eines Sohnes geworden.
Gemeinsam lebt die kleine Familie in Heinsberg.

Ahmad sagt heute, er fühlt sich in Deutschland zu Hause und habe sich ein soziales
Umfeld aufgebaut. Aus diesem Grund möchte er auch langfristig hierbleiben. Z. Zt.
strebt er seine Einbürgerung an, die für ihn ein Zeichen der Integration und des
Zugehörigkeitsgefühls ist.

Als Deutscher möchte er noch aktiver am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und sich auch sozial engagieren. Ihm schwebt vor, zugereiste Kinder und Jugendliche beim Erlernen von Sprachen zu unterstützen.