2020
Die Stadtverwaltung Langenfeld teilt uns mit, dass alle Corona-Besprechungsräume in den Flüchtlingsunterkünften im Zuge des erneuten Lockdowns bis auf weiteres geschlossen sind. Über die Arbeitsweise der Verwaltung unter Corona-Bedingungen informiert die Homepage der Stadt unter www.langenfeld.de. Die Kreisverwaltung Mettmann ist vom 21.12.2020 bis 10.01.2021 geschlossen.
Wegen des Lookdowns musste der ursprünglich für den 11. November geplante Termin für die Verleihung des Ehrenamtspreises 2020 auf der Zeche Carl in Essen durch den Flüchtlingsrat NRW leider ausfallen. Sie soll im Frühjahr des kommenden Jahres stattfinden. Ein Termin steht noch nicht fest. In der Zwischenzeitzeit wurden die acht für den Ehrenamtspreis nominierten Initiativen und Personen, darunter auch die Flüchtlingshilfe Langenfeld, filmisch auf der Homepage des Flüchtlingsrates NRW vorgestellt. Von uns zu sehen ist eine Kurzversion eines Films, gedreht von drei Studentinnen Amine Aytulun, Anne Webner und Irina Vdovina der Bergischen Universität Wuppertal im Studiengang Design und Audiovisuelle Medien im Rahmen eines Semesterprojektes.
Unter dem Link ist das Portrait über uns abrufbar.
Die Arbeiten der Studentinnen wurden zusätzlich auch auf der Designplattform Loop der Bergischen Universität vorgestellt. Hier ist eine 16minütige Langversion über unsere Arbeit zu sehen.
Wer von den acht nominierten Bewerbern den Ehrenamtspreis erhält, wurde nicht verraten. Doch was immer auch passiert: Wir können stolz und dankbar sein, die Schlussrunde erreicht zu haben. Unsere Leistung und das Engagement aller, die sich in der Flüchtlingshilfe Langenfeld engagieren, findet Aufmerksamkeit und Anerkennung.
In diesem Jahr ist die Initiative Flüchtlingshilfe.Langenfeld fünf Jahre alt geworden. Inzwischen ein eingetragener und gemeinnütziger Verein hätten wir dieses Ereignis gerne gefeiert. Leider war dies wegen der Corona-Pandemie nicht möglich. Vorstand und Lenkungskreis möchten das Jubiläumsjahr nicht zu Ende gehen lassen, ohne Gedanken und Ideen zur Situation und Perspektive der Flüchtlingshilfe im Rahmen eines Lageberichtes zu formulieren und mit Euch zu informieren. Wir wollen freuen uns auch in Zukunft gemeinsam mit Euch für Menschen mit Fluchtgeschichte eintreten zu können, ihnen das Leben lebenswert zu machen und ihnen Wege der Integration aufzuzeigen.
In der Coronazeit ist Ideenreichtum gefragt. Schon im Sommer bemühte sich Luise Pawlowsky, unsere zweite Vorsitzende der Flüchtlingshilfe Langenfeld, um alternative Orte/Räume für Zusammenkünfte außerhalb des Nähraumes in der Flüchtlingsunterkunft an der Theodor-Heuss-Straße. Als dann der Garten mit einem Tisch und Bänken hinter der Unterkunft entstand und zudem noch ein schützendes Sonnensegel installiert wurde, war das ein passender Kontaktpunkt. Dort kam sie überwiegend mit Kindern ins Gespräch. Gemeinsam wurden Pläne für textile Aktivitäten in den Herbstferien geschmiedet. Der bisher von der Frauen-Nähgruppe genutzte Raum in der THS war aus bekannten Gründen für Gruppen tabu, und deshalb fragte die Projektgruppe in „Dinos Sportscafé“, Im „Café am Wald“ und in der „Alten Schule“ nach einer Bleibe. Überall waren die Herzen und Räume für uns weit offen, und so belegte man die unterschiedlichen Räumlichkeiten mit Stricklieseln, Textilkreiden, Filzwolle und nicht zuletzt mit einem großen Springseil für körperliche Ausgleichsaktivitäten. Gemeinsam mit Britta Sponsheimer begleitete Luise Pawlowsky die Gruppe aus sieben angemeldeten Kindern (8-14 Jahren). Als die Corona Zahlen stiegen, wurden die Hygieneregeln angepasst, aber das war kein Problem. Und weil es Spaß machte, wurde die Begegnungszeit von zwei auf drei Stunden erhöht.
Im Flur des Obergeschosses in der THS hängt jetzt ein kunterbunter Wandbehang aus gestrickter und gefilzter Wolle als Beispiel für die schönen Arbeiten im Rahmen des Gruppenprojektes. Kompliment!
Mit großer Betroffenheit und Trauer mussten wir in dieser Woche erfahren, dass eine unserer Mitstreiterinnen der ersten Stunde, Ulla Hochkeppel, verstorben ist. Ulla engagierte sich seit Ende 2015 für unsere Flüchtlingshilfeinitiative, wirkte bei Sprachschulungen mit und betreute bis zuletzt individuell Flüchtlinge in allen Lebenslagen und in allen Angelegenheiten.
Sie war zudem so oft sie konnte bei unseren Gruppensitzungen dabei und ließ viele von uns an ihren Erfahrungen teilhaben. Menschen wie Ulla sind die Stützen der Zivilgesellschaft, ohne die Initiativen wie die unsere ihre Ziele nicht erreichen können. Im Laufe der Jahre hat sie zahlreichen Menschen mit Fluchthintergrund geholfen in einer sachlichen, unaufgeregten Art, aber mit Nachdruck und Konsequenz, und vor allem Offenheit und Ehrlichkeit. Die von ihr unterstützten Flüchtlinge konnten sicher sein, ihre Anliegen in den besten Händen zu wissen, nicht bevormundet zu werden und immer auf der Höhe des Geschehens zu sein. Nicht nur die von ihr betreuten Flüchtlinge, alle von uns, die wir mit ihr zu tun hatten, haben etwas von ihrer Art mitgenommen und werden darauf in unserer Arbeit immer wieder, ob bewusst oder unbewusst, zurückgreifen.
Ulla ist viel zu früh von uns gegangen, wir werden sie sehr vermissen.
08.12.2020 Frank Schöler
Eines der hervorragenden Projekte der Flüchtlingshilfe mit überregionaler Beachtung war der Seepferdchen-Schwimmkurs für Vorschulkinder, den wir mit neun Teilnehmern Ende 2019 gestartet hatten. Wegen der Corona-Pandemie musste der Kurs im März nach 19 Übungsstunden unterbrochen werden. Nach Wiedereröffnung der Sportanlagen erteilte uns die SGL allerdings eine Absage, man habe keine Kapazitäten zur Fortführung des Kurses. Die Flüchtlingshilfe hatte bis dahin 450,00 € in die Schwimmlehrerin investiert, es wären nur noch wenige Stunden bis zum Abschluss gewesen.
Mit Unterstützung des Stadtsportverbandes und namentlich dessen Vorsitzendem Karl-Heinz Bruser ist es aber gelungen, den Kurs wieder ans Laufen zu bringen. Zwar müssen wir nun noch etwas mehr ausgeben für die Services im Schwimmbad, aber für unsere kleinen Seepferdchen-Kandidaten nehmen wir das gerne in Kauf. Wegen der erneuten Schließungen der Sportanlagen konnte aber noch nicht wie geplant am 30. Oktober begonnen werden.
Die Schulschließungen im Zuge der Corona-Pandemie haben bei einigen Schülern in den Sammelunterkünften Defizite verursacht, weil diese an Online-Angeboten selten teilnehmen konnten. Es fehlt an geeigneten Endgeräten und häufig auch am Internetzugang.
Beim Besuch betroffener Familien stießen wir auch auf zwei 18 Jahre junge Frauen, denen überhaupt kein Bildungsangebot zur Verfügung stand. Es wurde ihnen vermittelt, dass sie in ihren Heimatländern die Schulpflicht erfüllt hatten und sie daher keine Schule besuchen können.
Das ist falsch, gerade für die Generation zwischen 18 und 27 Jahren stehen Bildungsangebote zur Verfügung. Wir haben die beiden für das Programm „Fit-für-mehr“ angemeldet, das vom Berufskolleg in Hilden angeboten wird. Bereits vor den Herbstferien konnten die beiden beginnen und in den Ferien sogar an einem Intensivkurs teilnehmen. Es wäre schön, wenn die Behörden, zu denen die neu angekommenen Flüchtlinge Kontakt haben, etwas mehr Einsatz zeigen könnten. Es ist kein schönes Gefühl, als junger Mensch auf ein Abstellgleis geschoben zu werden.
Zu Weihnachten bereitet unser Sachmittelteam eine Überraschung für Kinder in unterschiedlichem Alter in den Unterkünften in der Albert-Einstein-Straße 27 und 29 vor. Derzeit werden die Tüten gepackt. Da eine persönliche Übergabe nicht möglich ist, erklärte sich Frau Sundus Fracaj, als zuständige Kümmerin der Stadt, freundlicherweise dazu bereit, die Geschenke im Camp an die Kinder zu verteilen.
Einen besonderen Höhepunkt bildete am 10. August unsere schon zur Tradition gewordene Schultütenaktion. Hier wurden zur Freude der Kinder und ihrer Eltern neun Schultüten für Einschulungskinder bereitgestellt.
Unser Sachmittelteam konzentriert sich bei seiner Arbeit generell auf die Ausstattung von Kindern mit Schulmaterialen wie Tornistern und Accessoires sowie Sportkleidung. Zudem unterstützen wir Familien z. B. bei Wohnungseinzügen mit Haushaltsgegenständen. Darüber hinaus gibt es gut erhaltene gespendete Spielzeuge, saubere Kuscheltiere und Gesellschaftsspiele. Die Spendenfülle macht es immer wieder notwendig überzähliges Material an andere Wohlfahrtsorganisationen weiterzugeben. Hier arbeiten wir mit der deutschen Kleiderstiftung, dem Kinderschutzbund und dem SKF zusammen.
Mitte November konnte im Selbstlernzentrum an der Albert-Einstein-Straße mit einem neuen Sprachförderprojekt begonnen werden. Laut Coronaverordnung des Landes NRW war dies im Rahmen von Integrationsförderung für Flüchtlinge unter Einhaltung der geltenden Corona-Regeln möglich. Der Raum wurde regelgerecht eingerichtet. Handdesinfektion, Maske tragen und Abstand halten sind Pflicht. Selbstverständlich wird regelmäßig und gründlich gelüftet. Alles geschieht in Abstimmung mit der Stadt Langenfeld. Das Langenfelder Unternehmen Schulz-Dobrik spendete freundlicherweise vier Hygieneschutzwände, die zuvor nach Maß angefertigt wurden. Damit wird der Unterricht für die Anwesenden noch sicherer. Nicht mehr als fünf Personen dürfen sich im Raum bei ausreichendem Abstand aufhalten. So unterrichtet Sabine Körschkes, als neues Mitglied der Qualifizierungsgruppe unserer Flüchtlingshilfe einmal in der Woche mit großem Engagement vier Frauen, die z. B. wegen Kindererziehung bislang keine Möglichkeit haben, regelmäßig an Kursen der VHS teilzunehmen. In der Zeit des totalen Lockdowns wird selbstverständlich eine Pause eingelegt.
Die von der Schülerhilfe in Zusammenarbeit mit dem Verein Soziale Brennpunkte e. V. angebotenen Deutschkurse laufen gut. Sie werden in Einklang mit Corona-Schutzverordnung durchgeführt. Als Reaktion auf die Enge in den Räumen von Soziale Brennpunkte haben wir dankenswerter Weise zunächst bis Ende des Jahres einen nicht genutzten Raum in der VHS bekommen, der allen Anforderungen gerecht wird.
Wir bieten weiterhin zweimal wöchentlich Kurse an, davon einen für Anfänger und einen für etwas fortgeschrittene Schulkinder. Beide Kurse sind gut besucht. Wegen der Schulschließungen im Sommer und den erneuten Lockdowns haben viele Schüler Probleme, kontinuierlich die Deutsche Sprache zu lernen. Das versuchen wir zu kompensieren. Außerdem geht es um junge Leute im Heranwachsendenalter, die die Chance haben, im 9. oder 10. Schuljahr einen Abschluss zu schaffen. Hier versuchen wir, notwendige Kenntnisse zu vermitteln, um dies zu ermöglichen.
Unser Fahrradteam war auch in diesem Jahr dauerhaft fleißig. Bis heute wurden im Zeitraum von fünf Jahren etwa 1050 von Langenfelder Bürgern gespendete Fahrräder an Flüchtlinge verteilt. Zuvor wurden sie sorgsam repariert und verkehrssicher gemacht. Neben einigen Einzelausgaben wurde seit Beginn der Coronakrise zwei Haupausgaben mit jeweils bis zu zehn Rädern organisiert. Für jeden Empfänger - Frauen, Männer und Kinder - wurde dabei ein Fahrrad zur Verfügung gestellt, welches seinen individuellen Ansprüchen hinsichtlich Größe, entsprach. Jeder Empfänger erhält Informationsmaterial zu den in Deutschland geltenden Verkehrsregeln. Dankenswerterweise wird das Fahrradteam beim Abholen gespendeter Fahrräder von Spendern durch die St. Sebastianus Schützenbruderschaft Richrath und bei der Kontrolle der Verkehrssicherheit der reparierten Räder durch den ADFC Langenfeld unterstützt.
Der Flüchtlingsrat NRW veröffentlichte zum jährlichen Weltflüchtlingstag eine Pressemeldung. Er kritisiert darin, die Abschottungs- und Ausgrenzungsstrategien der Europäischen Union, der Bundesregierung aber auch des Landes NRW, um hiesige Flüchtlingszahlen möglichst gering zu halten. Regelmäßig würden unter Anwendung von Gewalt und Pushbacks durch verschiedene Mitgliedsstaaten an den Außengrenzen der EU Schutzsuchende abgewehrt.
Den vollständigen Text der Pressemeldung des Flüchtlingsrat NRW ist hier nachzulesen.
Unser Vorstandsmitglied Frank Schöler hat seine Meinung zur aktuellen Situation der Flüchtlinge in einem Blogbeitrag auf unserer Homepage kundgetan.
In der Tat gibt es seiner Beobachtung nach in Anbetracht des politischen Versagens wenig Anlass zum Optimismus. Trotz dauerhafter Kritik an den Zuständen sei zum wiederholten Male festzustellen, dass sich nichts geändert habe. Die Flüchtlingshilfe Langenfeld sei vor fünf Jahren angetreten um Politikversagen zu bemängeln und gleichzeitig entwurzelten, schutzlosen, traumatisieren und gequälten Menschen Hilfe zu leisten. Auch nach fünf Jahren verlieren wir nicht den Mut und die Stärke, um das Richtige zu tun, auch wenn uns morgen wieder ein Weltflüchtlingstag traurige Wahrheiten um die Ohren hauen wird. Wir wissen, warum und für wen wir das alles machen.
Hans-Willi starb am 11. Mai. Wir alle mochten ihn sehr. Innerhalb unserer Fahrradgruppe gehörte er zu denen, die mit größter Akribie und Inbrunst annähernd die Hälfte aller gespendeten Gebrauchträder wieder verkehrstüchtig machte. Trotz Krankheit und so lange wie er konnte wirkte er in der Fahrradwerkstatt mit.
Hans-Willi war eine Stütze unserer Reparaturmannschaft und ausgesprochen beliebt. Er war sehr hilfsbereit. Man konnte ihn stets fragen, wenn man eine Hilfe benötigte. Hans-Willi stand zur Verfügung. Nie wollte er aber im Mittelpunkt stehen.
Er kam 2015 ins Reparaturcafé in der evangelischen Kirche in der Stettiner Straße. Er arbeitete zunächst an Aufgaben im Reparaturcafé und schloss sich dann auch der Fahrradgruppe der Flüchtlingshilfe an.
Zunächst holte er sich einzelne Räder aus dem damaligen Depot beim Roten Kreuz ab, um sie in seiner Garage zu Hause in Ordnung zu bringen. Fast täglich beschäftigte er sich damit, weshalb ihm seine Kinder zum achtzigsten Geburtstag ein ‚Goldenes Ventil‘ überreichten.
Als die FHL in der Leichtbauhalle in der Bahnstraße arbeiten konnte, machte er sich seine eigene kleine Werkstatt zurecht, in der er in der Woche circa drei bis vier halbe Tage Räder reparierte. Jedes Werkzeug hatte seinen eigenen Platz und wehe, irgendjemand änderte seine Ordnung.
Wie wir erfahren durften, fühlte er sich seiner Familie, seinen Kindern und Enkelkindern tief verbunden. In der Nachbarschaft war er für seine Hilfsbereitschaft bekannt. Seit vielen Jahren gehörte er gemeinsam mit seiner Frau Mitglied dem Singekreis an St. Josef an und engagierte sich auch hier. So kümmerte sich Hans-Willi z.B. um die Noten und schrieb alle Liedblätter für die Gottesdienste.
Wie wir zudem gelesen haben, war Hans-Willi einer der Ersten, die dem Förderverein des Partnerschaftskommitees der Stadt Langenfeld e. V. beitraten und unterstützten.
Privat kümmerte er sich seit Jahren um ein Ausbildungszentrum für Mädchen in Juja-Farm in Kenia. Er sammelte Sach- und Geldspenden und besuchte das Zentrum regelmäßig persönlich zur Übergabe. Bei der Gelegenheit brachte er dank seiner vielseitigen technischen Fähigkeiten in Ordnung was zu reparieren war.
Seine Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und sein Lächeln fehlen uns und werden uns immer fehlen.
Das Fahrradteam und alle Mitglieder der Flüchtlingshilfe Langenfeld e. V.
Allgemeine Sprechstunde für Flüchtlinge:
Dienstag 14:00 Uhr
Schaustall, Winkelsweg 38, Sprechstunde mit Frank Schöler
Team Qualifizierung:
Montags 15:00 bis 17:00 Uhr,
offene Deutschnachhilfe, Volkshochschule, Hauptstraße 133, Raum 104
Montag 15:00 bis 17:30 Uhr und Dienstag 15:00 bis 17:30 Uhr
offene Deutschnachhilfe, Selbstlernzentrum, Albert-Einstein-Straße 27, EG links, Raum 2,
Donnerstag 15:00 bis 16:00 Uhr
offene Deutschnachhilfe: Theodor-Heuss-Straße 101, 1. OG, Raum 20, offene Deutschnachhilfe
Team Schülerhilfe:
Dienstag und Donnerstag 16:30 bis 18:00 Uhr
Schülernachhilfe: Deutschkurse für Flüchtlingskinder, in den Räumen des Vereins Soziale Brennpunkte e.V., Zum Stadion 93
Sprechstunde Asyl- und Leistungsrecht:
Dienstag 12:00 bis 16:00 Uhr und Mittwoch 12:00 bis 16:00 Uhr
mit Juristin Barbara Ginsberg, Flüchtlingshilfe Velbert, in den Räumen der Begegnungsstätte Café am Wald, Langfort 3, beim AWO Seniorenheim.
*Änderungen vorbehalten
Von Frank Schöler, Gründungsmitglied der Flüchtlingshilfe Langenfeld und Vorstand der Flüchtlingshilfe Langenfeld e.V.
Redaktion: Rainer Schlatmann
Im April wurde die Flüchtlingshilfe.Langenfeld fünf Jahre alt. Eigentlich wollten wir den Geburtstag am 24. April bei einem offiziellen Empfang in der Stadthalle gebührend feiern. Alles war geplant und vorbereitet. Die Einladungen waren fertig und sollten verschickt werden. Alles kam wie wir wissen, anders.
An dieser Stelle ein Rückblick auf unsere Arbeit
Wir haben eine Gruppe engagierter Menschen zusammengebracht, die im besten Sinne die Zivilgesellschaft und das Ehrenamt repräsentiert. Wir sind eine Institution mit gesellschaftlicher Relevanz, die eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe erfüllt und Grundrechte verteidigt, die seit einiger Zeit in Politik und Gesellschaft nicht mehr für verbindlich gehalten und konterkariert werden.
Wie alles begann
Die Flüchtlingshilfe wurde im April 2015 von fünf Personen gegründet, die aufgrund von negativen Berichten über die Flüchtlingsunterbringung und -behandlung in Langenfeld Initiative ergreifen wollten. Von diesen fünf Personen sind heute noch drei im Lenkungskreis des Vereins tätig, eine arbeitet in einer Arbeitsgruppe des Vereins und eine ist in einer kooperierenden Institution tätig. Wir waren zunächst zwei Jahre als Bürgerinitiative aktiv, bevor wir einen Verein gegründet haben.
Wir möchten an dieser Stelle an Gerti Lassmann erinnern, die damals eher als Einzelkämpferin für die Flüchtlinge tätig war. Mit ihr gemeinsam haben wir die Initiative formiert. Kurz darauf ist Gerti leider verstorben, weshalb sie die kurz darauf einsetzende Flüchtlingswelle nicht mehr miterlebt hat. Von ihr haben wir viele Informationen und Inspiration erhalten, was uns bei unserer Arbeit ungeheuer geholfen hat. Wir hoffen, dass wir in ihrem Sinne gearbeitet haben und werden sie in bleibender Erinnerung behalten.
Das haben wir erreicht
Wir waren in einer Zeit der verwaltungstechnischen Überforderung diejenigen, die den Flüchtlingen erste Orientierung und Hilfe geben konnten. Unsere Helfer und auch viele andere Menschen außerhalb unserer Gruppe haben bei administrativen und sozialen Aufgaben geholfen und ein wenig Menschlichkeit vermittelt in einer völlig neuen Welt und nach erheblichen Strapazen und Bedrohungen in den Heimatländern und auf der Flucht.
Unsere Gruppe hat sich ca. 2 Jahre um die Einschulung der Kinder gekümmert und diese mit notwendigen Schulmaterialien und Kleidung ausgestattet, Aufgaben, die eigentlich Verwaltungen hätten durchführen müssen, dies aber aus personellen aber auch logistischen Gründen nicht konnten. Wir haben uns um die Mobilität der Menschen gekümmert, in dem wir Fahrräder aufbereitet und zur Verfügung gestellt haben. Zwei Beispiele von vielen.
Wir haben den geflüchteten Menschen über die langen Zeiten der Untätigkeit hinweggeholfen, die aufgrund der im Durchschnitt zweijährigen Laufzeiten der Asylverfahren entstanden, ihnen dann beim Übergang in ein mehr und mehr geregeltes Leben mit eigener Wohnung, Weiter- und Ausbildung und Arbeit geholfen.
Heute liegen unsere wichtigsten Tätigkeiten im Bereich der Qualifizierung, d.h. Eingliederung und Orientierung in die Arbeitswelt, Weiterbildung, Anerkennung von Hochschul- und Berufs-abschlüssen und Ausbildung. Wir freuen uns besonders darüber, dass es erstaunlich vielen jungen Leuten gelingt, trotz der kurzen Anwesenheitszeit von etwa vier Jahren in unserem Land, Schulabschlüsse zu erreichen.
Starkes Netzwerk
Unsere Arbeit wäre ohne die Kooperation mit vielen sozialen Institutionen und Verwaltungen natürlich nicht denkbar. Wir haben uns selbst von Anfang an als Institution verstanden, die selbst Prozesse und Verfahren initiieren wollte. Als wir anfingen, haben uns einige Institutionen und Vereine zu verstehen gegeben, dass eine Schaltstelle wie wir sie sein wollten, nötig ist, um effizient arbeiten zu können.
In den ersten Monaten haben wir uns stark an anderen Institutionen orientiert, sonst wären wir im Herbst 2015 nicht handlungsfähig gewesen, um die Flüchtlingswelle bewältigen zu können. In der Anfangsphase haben wir gelernt, dass sich niemand auf ein Ereignis wie eine Flüchtlingswelle vorbereitet und das Improvisieren dann, wenn die Situation eintritt, ungeheuer schwer ist. Da war es sicher hilfreich, dass wir als neue und nicht an festgefahrene Prozesse gebundene Organisation diesen Part des problembezogenen Operierens übernehmen konnten, währen sich andere Organisationen auf die Dinge konzentrieren konnten, die sie am besten können. In solchen Phasen zeigt sich aber auch, dass es immer wieder einzelne, engagierte Menschen sind, die Dinge in die Hand nehmen und geschehen lassen. In diesem Zusammenhang möchten wir stellvertretend für viele andere ein paar Namen nennen, Kurt Uellendahl vom DRK, Hartmut Boeker von der Evangelischen Kirche und Gisela Kuhrig von der Caritas.
Aus dem Brand in Alt Langenfeld nehmen wir mit, dass zum ersten Menschlichkeit der entscheidende Aspekt ist, um Menschen in schwierigen Situationen zu helfen, und zweitens gute Menschen auch immer gute Menschen brauchen, d.h. ein funktionierendes Netzwerk konnte hier wertvolle Arbeit leisten, um denen, die zum zweiten Mal in kurzer Zeit alles zurück lassen mussten, das Nötige so schnell wie möglich zu beschaffen.
Wir haben nie darüber nachgedacht, dass etwas wie ein Brand in einer Flüchtlingsunterkunft passieren kann, aber als es passierte, waren wir vorbereitet, weil unsere Organisation funktionierte.
Erfahrung im Umgang mit Verwaltungen
Die Verwaltungen haben es weitgehend bis heute nicht geschafft, die Ausnahmesituation einer Flüchtlingszuwanderung in diesem Ausmaß mit adäquaten Mitteln zu bewältigen. Wir haben uns in den fünf Jahren unserer Tätigkeit auf die Verwaltungsprozesse und -verfahren eingestellt und können die Flüchtlinge hindurch lotsen. Vieles ist aber unangemessen und ineffizient geblieben, z.B. ausuferndes Antrags- und Formularwesen.
Ein gravierender Fall ist das Schulwesen, wo es außer Deutschkursen keine situationsbezogenen Regelungen gibt, Flüchtlingskinder viel zu wenig Zeit und Unterstützung bekommen haben, um sich im Schulsystem zu etablieren. Dazu gehört z.B. die Eingliederung in Jahrgangsstufen nach dem Alter. Gerade den als Teenagern hier angekommenen fällt dies häufig auf die Füße, da sie nicht genügend Zeit haben, um Schulabschlüsse erreichen zu können.
Stolpersteine von Behörden im Integrationsprozess
Schwierig waren die bereits erwähnten langen Wartezeiten im Asylverfahren, die den Geflüchteten eigenständiges Leben unmöglich machten, sowie die angespannte Wohnungssituation in Langenfeld, die durch die gesetzliche Wohnsitzauflage noch verschärft wurde. Integration vollzog sich sehr schleppend und war in den ersten zwei Jahren weitgehend auf die Partizipation im Schulleben und bei einigen Sportvereinen beschränkt.
Integration in die Gesellschaft ist in einer entwickelten Industriegesellschaft wie der unseren nur über Arbeit, Wohnung und weitgehende gesellschaftliche Teilhabe möglich. Nach unserer Einschätzung kann Integration nicht stattfinden, solange die Flüchtlinge in den Sammelunterkünften wohnen. Die Stadt Langenfeld hat erst im April letzten Jahres Mitarbeiter für die Betreuung der Wohnheime angestellt, die entsprechende Erfahrung haben und ganztätig anwesend sind.
Zum Thema Integration äußerten wir uns vor kurzem ausführlich in einer Stellungnahme zum Integrationsbericht der Stadt Langenfeld.
Was die Faktoren der Integration angeht, ist die Arbeitswelt bereits von vielen Flüchtlingen erschlossen worden. Insbesondere junge Männer, die in der Gesamtheit der Flüchtlinge überrepräsentiert sind, haben häufig Arbeit gefunden, allerdings weitgehend in unqualifizierten, teilweise auch prekären Bereichen.
Als problematisch erweist sich, dass sich die Arbeitsagenturen nur sehr unzureichend mit den vorhandenen Qualifikationen und Berufserfahrung der Flüchtlinge beschäftigen, sondern primär in unqualifizierte Bereiche vermitteln. Wir versuchen zu kompensieren, indem wir die Qualifikationen aufarbeiten und versuchen, diese in Praktika oder Probearbeit zu verifizieren. Hierzu haben wir bereits einige Projekte aufgesetzt, auch in Kooperation mit anderen Institutionen wie Handwerkskammer, IHK oder dem Lions Club sowie dem Rotary Club.
Es gibt allerdings immer einige Vorzeigekarrieren wie den IT-Techniker oder die Sparkassenangestellte oder auch junge Leute, die es in der kurzen, ihnen zur Verfügung stehenden Zeit, geschafft haben, einen Hauptschul- oder gar Realschulabschluss zu erlangen und Ausbildungsplätze bekommen haben. Für viele Akademiker ist der Weg zu angemessener Beschäftigung schwierig und weitgehend von wirklich sehr fortgeschrittenen Deutschkenntnissen abhängig. Einige sind auf gutem Weg und wir versuchen sie zu begleiten.
Integrationshemmnisse bei Flüchtlingen
Wir haben in unserem Einflussbereich sehr wenig mit Kriminalität zu tun, das ist ein äußerst wichtiger Aspekt. Viele Probleme resultieren aus Unverständnis und Inkompetenz in der Auseinandersetzung mit Verwaltungen. Dazu tragen sowohl fehlende Deutschkenntnisse als auch fehlende Einsicht in die Verhältnisse bei. Zugegebener Maßen ist auch nicht immer alles logisch nachvollziehbar, was Behörden von den Menschen verlangen.
Einige haben eklatante Probleme mit dem Lernen und sehen es auch teilweise nicht ein, dass die deutsche Sprache der wichtigste Schlüssel zur Teilhabe ist. Auch die Gewöhnung an Arbeitssituationen stößt in einigen Fällen auf Schwierigkeiten. Das sind aber eher Ausnahmen.
Aus den Erfahrungen der letzten Jahre können wir die Menschen besser auf diese Situationen vorbereiten und sie auch befähigen, eigenständig damit umzugehen.
Einstellung von Langenfelder Bürgern zu Flüchtlingen
Wir verzeichnen in Langenfeld verhältnismäßig wenige fremdenfeindliche Aktivitäten, die meisten Flüchtlinge fühlen sich in der Stadt wohl und haben wenig Anlass zur Klage. Großen Anteil daran haben nach unserer Einschätzung die Schulen, die von Anfang an sehr engagiert und mit viel Empathie auf Kinder und Familien zugegangen sind und damit ein Gefühl von Dazugehörigkeit vermitteln konnten.
Inzwischen ist es so, dass die meisten Flüchtlinge zumindest ein normales Leben wie alle anderen Migranten führen können, da sie nicht mehr als Flüchtlinge erkannt werden oder sich als solche zu erkennen geben müssen. Dennoch haben die Geflüchteten auch in Langenfeld die Tendenz zu verstärkter Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zur Kenntnis genommen, woraus natürlich auch ein Unwohlsein resultiert.
Aktuelle und zukünftige Herausforderungen
Die aktuellen Schwerpunkte liegen im Bereich der Qualifikation. Hier freuen wir uns über die Mitarbeit von Menschen, die auf dem Weg in die Arbeitswelt Hilfestellung und Rat geben können. Solche Personen können wir in Zukunft gebrauchen.
Dies gilt auch für noch nicht anerkannte oder geduldete Flüchtlinge, die zu großen Teilen noch in den Sammelunterkünften leben. Das deutsche Aufenthaltsrecht gibt diesem Personenkreis bedingt durch die Dauer ihres Aufenthalts verschiedene Möglichkeiten, ihren Aufenthaltsstatus zu verbessern oder ein Bleiberecht zu erhalten. Auch hierfür brauchen wir immer wieder Helfer, die diese Verfahren begleiten.
Die aktuelle Ausnahmesituation der Corona-Pandemie sorgt für eine weitgehende Verlangsamung von Verwaltungsprozessen. Flüchtlinge merken dies an der Verschiebung von wichtigen Terminen, z.B. bei der Ausländerbehörde, und Verlängerung von Genehmigungsverfahren. Für die Bewohner der Sammelunterkünfte gilt eine vollständige Isolierung, es dürfen keine externen Personen mehr in die Heime, auch keine Flüchtlingshelfer.
Das erinnert viele Flüchtlinge daran, dass die Wege zur Normalität im gesellschaftlichen Leben noch längst nicht zurückgelegt worden sind.
Nach einem Gespräch mit der Journalistin Viola Gräfenstein erschienen am 11. Mai sowohl in der Printausgabe der Rheinischen Post wie auch im RP-Online-Netz und zusätzlich noch in der Westdeutschen Zeitung ausführliche Berichte, in denen unsere Arbeit gewürdigt wurde. Darüber haben wir uns sehr gefreut.
Die kompletten Artikel aus RP-Online findet Ihr hier:
Flüchtlingshilfe Langenfeld besteht fünf Jahre | Beim Helfen entstehen
Flüchtlingshilfe Langenfeld | „Wir wollen Menschlichkeit vermitteln“
Auch in diesem Jahr verleiht der Flüchtlingsrat NRW einen Ehrenamtspreis. Mit dem Preis möchte der Flüchtlingsrat die beachtlichen Leistungen von Engagierten in der Flüchtlingsarbeit würdigen und dazu beitragen, dass ihre Arbeit die Wertschätzung erfährt, die sie verdient. Wir haben uns für den Ehrenamtspreis beworben.
Kürzlich wurden wir darüber informiert, dass wir unter acht Kandidaten in die engere Wahl für den Preis gekommen sind. Wir dürfen gespannt sein, was jetzt passiert. Doch schon jetzt freuen wir uns darüber, dass wir nominiert sind. Drücken wir alle kräftig die Daumen.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffentlichte einen CoV-2 Abeitsschutzstandard, mit dem Infektionsketten des Corona-Virus unterbrochen werden sollen. Hierzu zählen auch Infektionsschutzmaßnahmen in Sammelunterkünften wie etwa den Wohnheimen für Flüchtlinge. Hier der Wortlaut zum Thema im Rahmen des Arbeitsschutzstandards
„Infektionsschutzmaßnahmen für Sammelunterkünfte
Für die Unterbringung in Sammelunterkünften sind möglichst kleine, feste Teams festzulegen, die auch zusammenarbeiten. Diesen Teams sind nach Möglichkeit eigene Gemeinschaftseinrichtungen (Sanitärräume, Küchen, Gemeinschaftsräume) zur Verfügung zu stellen, um zusätzliche Belastungen durch schichtweise Nutzung und notwendige Reinigung zwischen den Nutzungen durch die einzelnen Teams zu vermeiden. Grundsätzlich ist eine Einzelbelegung von Schlafräumen vorzusehen. Eine Mehrfachbelegung von Schlafräumen ist grundsätzlich nur für Partner bzw. enge Familienangehörige statthaft. Es sind zusätzliche Räume zur frühzeitigen Isolierung infizierter Personen vorzusehen. Unterkunftsräume sind regelmäßig und häufig zu lüften und zu reinigen. Für Küchen in der Unterkunft sind Geschirrspüler vorzusehen, da die Desinfektion des Geschirrs Temperaturen über 60°C erfordert. Ebenso sind Waschmaschinen zur Verfügung zu stellen oder ist ein regelmäßiger Wäschedienst zu organisieren.“
Nach unserer Beobachtung hat die Stadt Langenfeld noch eine Menge zu tun, damit die geforderten Schutzmaßnahmen greifen. Wir haben deshalb bereits mit der Stadtverwaltung Kontakt aufgenommen.
Den kompletten Arbeitsschutzstandard des BMAS findet ihr hier
Qualifizierung und Förderung im Dialog ist ein Format, das die Flüchtlingshilfe gemeinsam mit dem Lions Club Langenfeld entwickelt hat. Die Idee ist, dass in Beruf und Wirtschaft erfahrene Personen mit Flüchtlingen über Perspektiven der Qualifizierung und Arbeitssuche in einem offenen Forum sprechen und informieren. In ihren Heimatländern qualifizierte Flüchtlinge mit inzwischen guten Deutschkenntnissen sollen von den Erfahrungen, Kontakten und Ideen profitieren.
Die Pilotveranstaltung zum Matchmaking fand am 29. Januar 2020 statt und war besucht von insgesamt 20 Personen, 12 Flüchtlinge und 8 Personen der Lions und der Flüchtlingshilfe. Eingeladen waren Flüchtlinge mit überwiegend akademischer Bildung, die auf dem Sprung in die Arbeitswelt sind oder den ersten Schritt bereits getan haben. Der Veranstaltungsrahmen gab ihnen die Möglichkeit, sich selbst zu präsentieren und die eigenen Vorstellungen zu formulieren, analog von Vorstellungsgesprächen, aber in informellem Rahmen. Die Vertreter des Lions Club versuchten im anschließenden Dialogteil möglichst viele Vorstellungen und Wünsche zu kommentieren und mit eigenen Ideen zu ergänzen.
Am Ende war ein gelungener Abend mit vielen neuen Erkenntnissen und Bekanntschaften vorüber gegangen, der allen Teilnehmern Inspiration und Perspektiven vermittelt hat. Aufgaben und Optionen werden nun abgearbeitet und führen hoffentlich zu positiven Entwicklungen einzelner Karrieren. Die Organisatoren werden das Konzept auf jeden Fall fortführen.
Luise Pawlowsky macht mit den von ihr betreuten Kindern recht positive Erfahrungen. Hier einige Gedanken dazu von ihr, die sie hier zum Ausdruck bringt:
„Kinder aus Flüchtlingsfamilien im Vorschulalter sind kleine wilde Rohdiamanten und schüchterne Mädchen und Jungen, die stets den Körperkontakt zur Mutter suchten. Annäherungsversuche mit Luftballons, Liedern, Bilderbüchern, Spielereien und kleinen Sprechübungen. Dann große Spannung, Vorfreude und Erleichterung, ein Kindergartenplatz ist gefunden.
Mit Inbrunst sprach mein kleiner Freund “Professor Zweistein”(3) das Wort Kindergarten aus, die Essensrituale wurden umgehend in der Familie eingeführt, und die St. Martinslieder wurden ebenfalls “Familienbesitz”. Was sich da sprachlich von August bis Oktober getan hat, ist enorm. Die Eltern, die gleichzeitig in Sprachkursen ihr Deutsch hart erarbeiten freuen sich, sind stolz und beneiden ihr Kind um das Lerntempo.
Stimmungsaufheller sind jeweils die Anwendungsübungen mit heißgeliebten neuen Worten. Im Umfeld von Herrn Professor Zweistein waren das z.B. “Manometer” und “das war knapp”. Ich stelle mir vor in welchen Situationen diese Worte im Kindergarten jeweils zum pädagogischen Einsatz kamen. Etwas Drama muss wohl sein, denn es handelt sich jeweils um schwer übersetzbare “Blitzableiterworte”.
Zum Geburtstag meines kleinen Freundes habe ich das kleine Sprachwunder in einem Gedicht festgehalten. Und es passt zum Geburtstag der Flüchtlingshilfe Langenfeld, den Kindergärten und ihren Beitrag zu gelingender Integration zu benennen.“
Mein neues Papperlapapp
Von Luise Pawlowsky
Ich schnapp es auf, ich spuck es aus, das Wort ist jetzt bei mir zu haus. Ich kau es durch, denk drüber nach, und werde morgens murmelnd wach.
„Manometer“, schwarzer Peter, „das war knapp“. Das ist mein neues Papperlapapp
„Lasuina“, eine Frage, verstehst Du jetzt, was ich Dir sage?
Ein Schattenspiel, Ein toter Baum, was gibt es alles anzuschau’n. Ich entdecke, bleibe steh’n, es gibt so schrecklich viel zu seh’n.
„Manometer“,...
Ich entdecke, Augen auf, spür weiter große Worte auf, kleine auch und interessante und verwechsle Hörverwandte.
„Manometer“, ....
Gedruckt, gesungen und gesagt, geschrien, geflüstert und gewagt. Langeweile kommt nie auf beim Zwiegespräch als Dauerlauf.
Manometer,....
Unsere Meinung dazu:
Luise Pawlowsky, Vorständin der Flüchtlingshilfe.Langenfeld und als Sozialpädagogin langjährig erfahren in der Kinder- und Jugendarbeit hat in Zeiten der Pandemie besonders auch das Wohl der Flüchtlingskinder im Blick. In ihren eigenen Worten fühlt sich das so an:
„Mit meinen kleinen Freunden ‚Frau Dr. Bachstelze‘ (9) und ‚Herrn Professor Zweistein‘ (4) mache ich seit März regelmäßig regelkonforme Spaziergänge oder Radausflüge. Frühlingsaktivitäten: Vögel und Schmetterlinge beobachten, Steine sammeln, im Wasser waten... Der Kindergarten fehlt, die Verbindung zur Schule inspiriert.“
Luise hat hat das zu folgendem ABC angeregt:
Beschäftigungen: ABC allein und zu zweit, der Gesundheit zuliebe
Atlas studieren, Aufräumen, auswendig lernen (z.B.Lieblingslieder)
Bilder malen, Briefe schreiben, Brettspiele, Basteln, Bücher lesen, Ball-Übungen, Backen, Buchstabenspiele, Buden bauen, „Body Percussion“
Collagen aus ausgeschnittenen Bildern kleben
Dichten, Dauerlauf üben, Dosenwerfen, Drachen bauen und steigen lassen, Diabolo, Drehteller
Enten beobachten, Eis selber machen,
Fernsehen, Frisuren ausprobieren, Faulenzen, Fotografieren, Freundschaftsbänder, Frisbee, Federball, Flechten, Filzen, Fadenspiele(Abheben)
Gymnastik, Geheimschrift und Geheimsprache entwickeln und üben, Geschicklichkeitsspiele (Stapeln, Zielwerfen, Domino-Effekt)
Helfen (im Haushalt, Haus, Garten), Hausaufgaben, Hüpfkästchen, Häkeln, Hacky Sack (Geschicklichkeitsübungen mit einem kleinen gefüllten Säckchen), Hula Hoop
Indianertag (Namen geben, Zelt bauen, sprechen, kleiden, essen ….wie Indianer), Indiaca, Instrumente basteln
Jonglieren üben (geht auch mit Kartoffeln oder Zwiebeln),
Kochen, Kartenspiele, Knotenspiele/Knüpfen
Lesen
Malen, Murmelspiele
Natur entdecken, Nähen
Origami (Papierfalttechnik)
Papierspiele ( Flieger/Hüte falten, schneiden,bemalen…), Puzzeln, Pizza backen
Quasseln
Radfahren und Langenfeld entdecken, Radio Hören (Kiraka, Mauskanal), Rätselraten, Rezepte ausprobieren
Schminken, Stricken (Strickliesel), Sticken, Sockentheater (Socken als Handpuppen), Singen, Sterne schauen, Schmuck basteln, Seilspringen, Schattenspiel, Schleifen binden, Spazieren gehen
Tanzen, Tischtennis, Topfpflanzen großziehen, Theaterstückchen erfinden und aufführen Uhr lernen
Verkleiden, Verstecken spielen, Vögel beobachten
Würfelspiele, Witze erzählen, Wasserorgel (Tonfolge mit unterschiedlich gefüllten Wassergläsern), Weben,
Xylophon spielen
Yoyo basteln und Spielen
Zaubern, Zahlenspiele, Zungenbrecher üben.
Luise Pawlowsky, April 2020
Unsere Meinung dazu:
Der Integrationsbericht 2019 der Stadt Langenfeld weist aus, dass im September 443 Personen in Flüchtlingsheimen wohnten. Von diesen haben 90 Personen eine Anerkennung als Flüchtling, könnten also auch eine eigene Wohnung beziehen. Die übrigen, in städtischen Heimen lebenden Personen, sind entweder geduldet oder befinden sich noch in Anerkennungsverfahren.
• Integrationsarbeit endet nicht bei Auszug aus Wohnheimen
Immer weniger Flüchtlinge leben in städtischen Einrichtungen. Für die Stadtverwaltung Langenfeld endet die „Integrationsarbeit“ nach eigenem Bekunden, sobald die Flüchtlinge die städt. Sammelunterkünfte verlassen haben. Zu diesem Zeitpunkt fängt der Prozess der Integration aber gerade erst an.
• Wohnheimsituation macht gesellschaftliche Integration unmöglich
Während des Lebens in den Unterkünften haben die Menschen so gut wie keine Möglichkeit, sich in die Gesellschaft zu integrieren, da es aufgrund von Besuchsrestriktionen und der Securityüberwachung kaum möglich ist, normalen Kontakt mit Einheimischen zu pflegen. Besonders tragisch ist das z.B. für Schulkinder, die quasi ein Außenseiterleben führen müssen und Mitschüler über ihren Wohnort i.d.R. nur ausreichend informieren, geschweige denn, Mitschüler dorthin einladen.
• Zufahrtsverbote zu den Heimen und Besuchsrestriktionen führen zu Isolation
Flüchtlingshelfer sind häufig die einzige Verbindung in die Gesellschaft und somit auch die einzige Schnittstelle zu Integration. Durch die Zufahrtsverbote zu den Heimen ist auch die Arbeit von Flüchtlingshelfern erschwert. Erwachsene treffen in Sprachkursen nur die gleiche Sozialgruppe. Auch hier findet keine wirkliche gesellschaftliche Integration statt
• Mittel zur Einschulungsausstattung unzureichend
Die erste Ausstattung der Schüler bei ihrer Einschulung wird von der Flüchtlingshilfe.Langenfeld über Spendenmittel abgedeckt. Über die insgesamt 150 € aus dem Bildungs- und Teilhabe-Paket, die im Jahr zur Verfügung stehen, kann eine Grundausstattung mit Schultasche, Schulmaterialien und Sportkleidung nicht beschafft werden, zumal die Mittel nur in Raten zum Beginn der jeweiligen Halbjahre gezahlt werden. Wird ein Kind im Laufe eines Halbjahres eingeschult, stehen diese Mittel nicht zeitnah zur Verfügung.
• Wohnungsvermittlung: Stadt nicht einzige Vermittlungsstelle
Die Stadt legt im Integrationsbericht großen Wert auf das Thema Wohnungsvermittlung. Es entsteht der Eindruck, als sei die Stadt die einzige Vermittlungsstelle. Dies trifft bei weitem nicht zu. Viele Wohnungen werden von ehrenamtlichen Helfern vermittelt. Sobald die Flüchtlinge die städt. Unterkünfte verlassen haben, beendet die Stadtverwaltung ihre Zuständigkeit. Zu diesem Zeitpunkt ist allerdings Integrationsarbeit weder beendet noch überhaupt geleistet worden.
• Integration durch die Stadt Langenfeld weitgehend verfehlt
Als übergreifendes Fazit ist festzustellen, dass das Thema Integration durch die Stadt Langenfeld weitgehend verfehlt wird, weil der Fokus auf den Bewohnern der städt. Unterkünfte liegt. Hier findet Integration definitiv nicht statt. Es gibt seitens der Stadt keine Angebote für Menschen, die die Sammelunterkünfte verlassen haben und in eigenem Wohnraum leben. Zudem: Ein wenig mehr erkennbare Empathie für die Situation der in Langenfeld lebenden Flüchtlinge wäre aus unserer Sicht wünschenswert. Es fehlt nach wie vor an professioneller Sozialarbeit.