20. Juni, Tag des Flüchtlings

Wieder so ein merkwürdiger Denk- oder Gedenktag, an dem man nicht weiß, was man damit anfangen soll. Grund zum Feiern haben sicher nur wenige, allen voran diejenigen, die im Zuge des Flüchtlingsstroms nach Deutschland ihre faschistisch geprägte Ideologie wieder salonfähig machen konnten. Und der Flüchtling ? Sitzt heute zwischen allen Stühlen, ein bisschen Rückhalt in der Zivilgesellschaft, bei sozialen Organisationen und Kirchen, von der Politik aber weit-gehend im Stich gelassen oder gar kriminalisiert, von Teilen der Bevölkerung dämonisiert. 

 Wir sehen uns einer Flüchtlingspolitik gegenüber, die immer weiter mit restriktiven Maßnahmen durchsetzt ist. Politiker, teilweise wie aufgescheuchte Hühner, versuchen immer wieder den rechten Rand mit migrationsfeindlichen Maßnahmen zu beruhigen, teilweise zwar auf absoluten Nebenschauplätzen, aber immer öffentlichkeitswirksam.

 

Das völlig planlose Experimentieren an der Abschiebeproblematik, das Aufbauschen von Einzelfällen, ohne das es zu Klärungen führt. Erinnern wir uns an die groß aufgezogene Geschichte von Asylbetrug beim BAMF in Bremen, von interessierten Kreisen als Beleg dafür plakatiert, dass es eine marode Flüchtlingsverwaltung, unterwandert von korrupten Verwaltungsmitarbeitern und kriminellen Anwälten (natürlich mit Migrationshintergrund) gibt. Die Untersuchungen haben inzwischen ergeben, dass diese Vorwürfe nicht haltbar sind, die Fälle unberechtigter Asylgewährung sind marginal. Auch großangelegte, flächendeckende Nachprüfungen haben ergeben, dass weniger als 2 % der Fälle zu beanstanden sind. Aber erfolgt nun ein öffentliche Klarstellung ? Weit gefehlt. Wird einmal nachgefasst, wie diese Beschuldigungen überhaupt aufgekommen sind ? Letztendlich war es eine einzige Person, die offenbar wegen des Gefühls persönlicher Benachteiligung innerhalb der Verwaltung, diese Behauptungen aufgeworfen und in einer Zeit des aufkeimenden Rassismus Kanäle der Veröffentlichung gefunden hat.

 

Nach wie vor gibt es keine erkennbare Perspektive für die Flüchtlingspolitik, noch für die politische Auseinandersetzung mit rassistischen und verfassungsfeindlichen Umtrieben. Im Jahr 2018 gab es immerhin gut 9.500 fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten, in unseren Medien kaum einer Schlagzeile wert. Erst die Ermordung eines hochrangigen Verwaltungsbeamten aus rechtsradikalen Motiven schafft es auf die Titelseiten.

 

Die Zahl der von den Sicherheitsbehörden erfassten Rechtsextremen wird immer höher. Das liegt aber nicht daran, dass es immer mehr gibt, sondern dass diese Personenkreise früher eher verharmlost wurden. So wurden die sog. Reichsbürger, die den Rechtsstaat Deutschland rund-weg ablehnen, früher als Spinner und vorgestrige Romantiker kategorisiert, bis diese einen Polizisten erschossen. Auch Rechtsextremismus bei der Bundeswehr und innerhalb der Sicherheitsbehörden wird nach wie vor bagatellisiert und kleingeredet.

 

Wo gehen wir hin mit unserer Flüchtlingspolitik. Wie weit sind wir noch entfernt von einer Situation in Dänemark, die heute in der taz (Seite 2) beschrieben wird:

Mitten im jütländischen Nirgendwo: 250 abgelehnte AsylbewerberInnen leben in den Mehrbettzimmern des ehemaligen Gefängnisses Kærshovedgård. Die BewohnerInnen dürfen sich keine Arbeit suchen und erhalten auch keine Sozialhilfe vom dänischen Staat. Manche von ihnen harren jahrelang unter diesen Bedingungen aus, da ihre Herkunftsstaaten ihnen keine Papiere für die Abschiebung ausstellen.

So planlos, wie unsere Asylpolitik sich heute darstellt, kann es nicht mehr so weit sein. Kasernierung ist in Arbeit Dank Heimatminister Horst, Stigmatisierung allenthalben Alltag für Flüchtling.

 

Und so kommt auch die Meldung gerade rechtzeitig zum Tag des Flüchtlings, dass weltweit 70,8 Millionen Menschen auf der Flucht sind, mehr als die UN jemals vorher gezählt hat. Die immer wieder propagierte Bekämpfung der Ursachen kommt also nicht voran. Wir werden uns der Thematik auch in Zukunft stellen müssen. z.B. mit den Worten in der Veröffentlichung von PRO ASYL zum heutigen Tag:

 

Die alltäglichen Erfolgsgeschichten, die ungebrochen wertvolle Arbeit der freiwilligen Helfer*innen, die Geflüchteten das Hiersein erleichtern, ihnen mit Achtung und auf Augenhöhe begegnen. Menschen, die andere aus Seenot retten, in Asylverfahren begleiten oder in der Abschiebungshaft betreuen, die Hausaufgabenhilfe und Begegnungscafés organisieren. Immer mehr Berater*innen, Anwält*innen, Betroffene, unzählige Gruppen und Einzelne setzen sich nicht nur praktisch für die Menschenrechte ein, sondern streiten für eine bessere Flüchtlingspolitik. Sie machen uns allen Mut.

 

Uns auch.

 

Frank Schöler