Der steinige Weg in die Integration

Vor einiger Zeit machte die Stadtverwaltung die Zusage, dass Flüchtlinge, die einen Ausbildungsplatz bekommen oder einer Arbeit nachgehen, in eine Flüchtlingsunterkunft umziehen können, in der ihnen ein Zimmer bestehend aus vier Wänden, einer Tür und mit Zimmerdecke zur Verfügung stehen wird, damit sie die nötige Ruhe für ihr nun anstrengenderes Leben finden. Die Bedeutung dieses Angebots erschließt sich einem Außenstehendem natürlich nur dann, wenn dieser weiß, dass es in Sammelunterkünften für Flüchtlinge auch Zimmer ohne Zimmerdecke gibt, dass in einzelnen Zimmern bis zu acht junge Männer gemeinsam untergebracht werden, oder das Flüchtlinge in Turnhallen leben, in denen es überhaupt keine Zimmer gibt, sondern nur Verschläge aus Pappwänden und Tüchern.

 

Der Schritt in die Arbeitswelt ist zweifelsohne, neben dem Erlernen der Sprache des Gastlandes, der entscheidende Schritt zur gesellschaftlichen Integration. Das Integrationsziel ist gesellschaftliche Teilhabe, die funktioniert über Sprache und über Arbeit, die Status generiert und Selbstversorgung ermöglicht. Viele Flüchtlinge formulieren immer wieder den Wunsch, etwas zurück geben zu wollen, wenn man sie denn nur ließe.

 

Bei einigen jungen Männern hat das Angebot der Verwaltung dazu geführt, die Gelegenheit beim Schopfe zu greifen und die eigene, prekäre Wohnsituation durch die Aufnahme einer Arbeit zu verbessern. Sie heuerten bei einer Zeitarbeitsfirma an und forderten nun das eigene Zimmer ein. Man könnte nun schlussfolgern, dass der Anreiz gut gesetzt war, und dass die eher unwirtlichen Wohnverhältnisse nun doch noch etwas Gutes bewirken, nämlich einen mutigen Schritt zu gesellschaftlicher und ökonomischer Teilhabe. 

 

Dem war aber nicht so, diese Entwicklung kam dann doch ein wenig überraschend für den Zusagengeber. Man zog das Angebot für diese Personen zurück mit dem Argument, Zeitarbeit sei kein Weg in die Integration, die Arbeit sei minderwertig und schlecht bezahlt, außerdem lerne man dabei kein Deutsch. Dem könnte man entgegen halten, dass es kein gesellschaftlich notwendiges und schon gar nicht zwingendes Ziel ist, aus Flüchtlingen Germanisten machen zu wollen. Vielmehr sollte uns gelegen sein an handlungsfähigen und entscheidungsfreudigen Menschen. Diese Chancen soll ihnen niemand verwehren, am allerwenigsten die Stadtverwaltung. Immerhin ist ja die Arbeitsagentur diejenige Instanz, die sich mit Ausbildung und Arbeitsfähigkeit der Menschen zu befassen hat, und diese konnte den Arbeitsverhältnissen nichts Nachteiliges abgewinnen. Das wollte die Stadtverwaltung aber nicht so stehen lassen und kündigte Gesprächsbedarf mit der Arbeitsverwaltung an.

 

Nun ist es ja auch nichts Neues, dass sich hinter gut gemeinten Zusagen oftmals ein eher wenig ausgegorenes Motiv, geschweige denn Plan, verbirgt. Bei jeder Vereinbarung kann es sich ergeben, dass es etwas Kleingedrucktes gibt, das der Übersichtlichkeit halber nicht erwähnt oder erst nachträglich hinzu gefügt wird. Ich lasse mich aber noch nicht davon abbringen, dem Vorhaben der Stadtverwaltung etwas Gutes abgewinnen zu wollen, auch wenn die Integration wohl bis auf weiteres noch ohne sie stattfinden muss.

 

Frank Schöler