Vom freien Willen und dem Unwillen, diesen zu akzeptieren

 

Es ist in Langenfeld nicht einfach, Wohnraum für Flüchtlinge zu bekommen. Wenn es dann doch mal gelingt, einer passablen Wohnung für einen Flüchtling oder eine Familie habhaft zu werden, löst dies auf Helferseite zuweilen wahre Jubelorgien aus. Nun kommt es aber auch schon mal vor, dass die angebotene Wohnung nicht gefällt, warum auch immer, die auserkorene Familie lehnt das Angebot ab.

 

 

Das löst nun alles andere als Jubel aus, das Unverständnis ist zum Greifen, der Unmut auf Helferseite verdrängt alle übrigen, bisher aufgebrachten Sympathien, die Enttäuschung ist von nie dagewesenem Ausmaß, der Vorwurf der Undankbarkeit entsteht geradezu reflexartig, die Ratlosigkeit manifestiert sich in dem Ausspruch eines legendären Fußballtrainers: „Was erlaube Flüchtling?“.

 

Versuchen wir uns mal wieder zu beruhigen, was ist eigentlich geschehen ? Eine Flüchtlingsfamilie hat eine Wohnung besichtigt und diese hat ihr nicht gefallen. In der Welt außerhalb der Flüchtlingsszene ein eher normaler Vorgang. Warum nicht auch in der Flüchtlingsszene ? Die Menschen, die zu uns kommen, haben einiges erlebt, haben viele Mühen und Strapazen auf sich genommen, um den Schrecken hinter sich zu lassen, um her zu kommen, zu uns, in den Frieden. Sie haben sich Vorstellungen davon gemacht, wie sie in der freien und friedlichen Welt leben möchten, Deutsch lernen, Kinder in die Schule, arbeiten gehen, Wohnung haben, vielleicht sogar mal ein Auto.

 

Und vor allem, und das ist ja auch unser großes Anliegen an die Flüchtlinge, sich zurechtzufinden in unserer Gesellschaft, alles richtig machen, sich integrieren. Ja, die Integration. Aber wohinein  integrieren ? Doch nicht in den Wohlfahrtsstaat, der die Menschen umsorgt, aber auch bevormundet. Nein, in unsere freie Gesellschaft sollen sich die Menschen integrieren, soziale Teilhabe erlangen, Verantwortung übernehmen und selbstbestimmt über ihr Leben entscheiden. Dafür müssen die Flüchtlinge Integrationskurse besuchen, die Errungenschaften der freiheitlich demokratischen Gesellschaft erlernen und natürlich auch begreifen.

 

Wenn nun aber ein Flüchtling die freie Willensäußerung dahingehend auslegt und sogar äußert, dass er ein Wohnungsangebot nicht annehmen möchte, stößt er auf Unverständnis. Die Integration macht ihn zum Außenseiter. Dabei verhält er sich ja sogar ökonomisch korrekt. Er lehnt ein nicht geeignetes Angebot ab, erspart dem Steuerzahler Geld, indem er in der preiswerteren Sammelunterkunft verbleibt und nimmt die dortigen Unzulänglichkeiten weiterhin auf sich. Eigentlich müsste man ihn dafür loben. Tun wir aber nicht.

 

Neben den Befindlichkeiten, die hier verletzt werden, der Helfer, der sich vermutlich den Allerwertesten mehr oder weniger aufgerissen hat, um an den begehrten Wohnraum zu kommen, bleibt noch ein anderer schaler Geschmack zurück. Wie halten wir es denn mit der Grundordnung, wie weit sind wir denn bereit, die Rechte des anderen zu akzeptieren ? Die Flüchtlinge müssen in der Prüfung zum Integrationskurs „Leben in Deutschland“ die Antworten auf dreihundert Fragen zum politischen und gesellschaftlichen System der Bundesrepublik Deutschland lernen. Ich bin mir sicher, dass viele Deutsche diese Prüfung nicht bestehen würden. Sollten wir aber.

 

Wir müssen unseren Staat und unsere Verfassung und unsere sozialen und politischen Errungenschaften vertreten, wir müssen den Flüchtlingen Vorbild sein, sonst wird das nichts mit der Integration. Und das ist wirklich nicht immer einfach.

 

Wir haben nämlich auch den anderen Fall erlebt. Eine völlig unzumutbare Wohnung, maßlos überteuert und ein erkennbar von Skrupeln unbeleckter Vermieter. Aber die Flüchtlingsfamilie wollte die Wohnung unbedingt haben. Sie schlugen alle Mahnungen und Warnungen in den Wind und unterschrieben den Mietvertrag.  Ja, es ist manchmal nicht einfach, den Willen anderer zu akzeptieren. Müssen wir aber.

 

Frank Schöler